Mein Interesse für das Konzept meines Projektes wurde geweckt, als ich versuchte, mit der analogen Spiegelreflexkamera eine Störung hervorzurufen: die Doppelbelichtung – leider vergebens. Zu meiner Enttäuschung musste ich feststellen, dass die Option, diese Störung aktiv zu produzieren, bei digitalen Kameras mit Vollautomatik komplett umgangen wird, da der technische Aspekt des aktiven Transports des Films wegfällt. Im Hinblick auf die Vollautomatik einer digitalen Kamera fragte ich mich anschliessend, inwiefern diese Störungen nicht nur durch die neue Technik, sondern auch durch eine KI unterbunden werden. Also verschob ich meinen Fokus auf weitere Störungen des Prozesses der Fotografie-Aufnahme: Unterbelichtung, Überbelichtung, Langzeitbelichtung und Verzerrung.
Mir ging es also darum, die Grenzen der Vollautomatik an einer digitalen Kamera auszuloten. Wie schnell kann sie sich anpassen? Wie viele Millisekunden dauert es, bis sie sich an die neuen Lichtverhältnisse und die Bewegung angepasst hat? Und kann ich in diesem Moment eingreifen, um meine eigene Hand wieder erkennbar zu machen? Kurz gesagt: Kann man die künstliche Intelligenz austricksen? Ist es möglich, sie zu täuschen?
Das Projekt verlief auf verschiedenen Ebenen, da die gewonnenen Erkenntnisse direkt angewendet und weitergeführt wurden. Einheitlich blieb die Kamera: eine digitale Point-and-Shoot-Kamera mit ‹intelligenter Vollautomatik›. Der erste Schritt bestand darin, das Anpassen des Auges zu imitieren. Zu diesem Zweck wurden die Lichtverhältnisse zum Zeitpunkt des Auslösens verändert. Im nächsten Schritt wurden meine Katzen als Motiv ausgewählt, da sie sich ständig bewegten und sich somit nicht nur die Lichtverhältnisse, sondern auch der Grad an Bewegung ständig änderte. Beides Faktoren, an die sich die Vollautomatik anzupassen versuchte. Was sich daraus entwickelte, waren Bilder mit einer Langzeitbelichtung, deren Motive sich in ihrer Bewegung nicht festhalten liessen. Formen traten aus ihren Silhouetten, Punkte wurden zu geschwungen Linien und wiesen nun endlich die Störung auf, die ich mir mit der analogen Spiegelreflexkamera erhofft hatte.
Doch ich wich ein wenig von meinem ursprünglichen Vorhaben ab, denn ich erkannte den visuellen Wert der Fotografien. Also entschied ich mich, die Einstellungen so zu verändern, dass diese Verzerrung der Objekte erzwungen wurde. Aus einem «Wie kann ich die Vollautomatik austricksen?» wurde ein «Wie kann ich diese – nun aktiv durch einen bestimmten Eingriff in die Kameraeinstellung hervorgerufene – Störung der Vollautomatik verwenden, um etwas ästhetisch Interessantes zu erschaffen?» Ich versuchte also nun nicht mehr gegen die Vollautomatik zu arbeiten, sondern mit ihr, um die Grenzen der aufgenommenen Motive zu verschieben und zu verzerren.
© Victoria Drake
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